Samstag, 23. Juni 2007

Nietzsche

Die methodologischen Überlegungen führen zu ihm.
Bei ihm findet man einen Diskurs, der eine historische Analyse der Entstehung des Subjekts und einer bestimmten Art von Wissen, ohne dabei die vorgängige Existenz eines Erkenntnissubjektes vorauszusetzen.
„In einem abgelegenen Winkel des in zahllosen Sonnensystemen flimmernd ausgegossenen Weltalls gab es einmal ein Gestirn, auf dem kluge Tiere das Erkennen erfanden. Es war die hochmütigste und verlogenste Minute der ‚Weltgeschichte‘.“
Von Erfindung spricht Nietzsche, wenn er nicht Ursprung sagen will.
Erfindung der Religion
Erfindung der Poesie
Erfindung der Ideale
Die Erfindung ist einerseits ein Bruch, andererseits etwas, das einen kleinen, engstirnigen, uneingestandenen Anfang besitzt. Der Erhabenheit des Ursprungs ist daher nach guter historischer Methode die unsägliche Kleinheit dieser Fabrikationen, dieser Erfindungen entgegenzusetzen.
Die Erkenntnis ist erfunden worden = sie ist kein Bestandteil der menschlichen Natur, nicht der älteste Trieb des Menschen; sie ist nicht keimhaft in seinem Verhalten, seinen Strebungen und Trieben.
Die Erkenntnis ist das Ergebnis der Konfrontation und der Verbindung des Kampfes und des Kompromisses zwischen den Trieben. Weil die Triebe aufeinanderstoßen, miteinander kämpfen und schließlich zu einem Kompromiss gelangen entsteht etwas. Und dieses Etwas ist die Erkenntnis. Sie gleicht dem Funken zwischen zwei Schwertern, der ja auch selbst nicht aus Eisen ist.
Es gibt keine vorgängige Übereinstimmung oder Affinität zwischen der Erkenntnis und den zu erkennenden Dingen. Das ist der große Bruch mit der Tradition der abendländischen Philosophie. „Der Gesamtcharakter der Welt ist Chaos, nicht im Sinne einer fehlenden Notwendigkeit, sondern der fehlenden Ordnung, Gliederung, Form, Schönheit, Weisheit.“, die Welt versucht keineswegs, den Menschen nachzuahmen; sie kennt keinerlei Gesetz. Die Erkenntnis hat mit dieser Welt zu kämpfen. Für die Natur ist es keineswegs natürlich, erkannt zu werden. Erkenntnis kann den zu erkennenden Dingen nur Gewalt antun.

Soziale Praktiken erzeugen neue Objekte und neue Subjekte

F möchte nun zeigen, dass soziale Praktiken Wissensbereiche erzeugen, die nicht nur neue Objekte, neue Konzepte, neue Techniken hervorbringen, sondern auch gänzlich neue Formen von Subjekten und Erkenntnissubjekten. Auch das Erkenntnissubjekt hat eine Geschichte; auch die Beziehung zwischen Subjekt und Objekt, also die Wahrheit, hat eine Geschichte.
F möchte:
I. zeigen, „wie im 19. Jh. ein bestimmtes Wissen über den Menschen aus den Praktiken der sozialen Kontrolle hervorgegangen ist. Dieses Wissen liess eine vollkommene neue Art von Erkenntnissubjekt entstehen. Die Geschichte der Wissensgebiete in ihrem Verhältnis zu den sozialen Praktiken, aber ohne den Primat eienes ein für alle Mal vorgegeben Erkenntnisubjekts.
II. Diskursanalyse: die Diskursphänomene (alles, was man mit Sprache machen kann) nicht mehr nur unter sprachlichem Aspekt zu betrachten, sondern als Spiele, als games, als strategische Spiele aus Handlungen und Reaktionen, Fragen und Antworten, Beherrschungsversuchen und Ausweichmanövern, das heißt als Kampf.
Der Diskurs ist jenes regelmäßi9ge Ensemble, das auf einer Ebene aus sprachlichen Phänomeme und auf einer anderen aus Polemik und Strategien besteht.
III. Neufassung der Theorie des Subjekts.
Vor zwei oder drei Jh. postulierte die westliche Phil. explizit oder implizit das Subjekt als die Grundlage oder den zentralen Kern jeglicher Erkenntnis, von dem her die Freihiet sich zeigte und sich entfaltete.
Es wäre interessant zu klären, wie sich im Laufe der Geschichte ein Subjekt konstituiert, das nicht ein für alle Mal gegeben ist, das nicht diesen Kern bildet, von dem aus die Wahrheit Einzug in die Geschichte hält, sondern ein Subjekt, das sich innerhalb der Geschichte konstituiert, über einen Diskurs im Sinne eines Ensembles von Strategien, die Teil der sozialen Praktiken sind.
Zwei Geschichten der Wahrheit:
1. Eine interne G der W
Die G der W auf der Basis der Wissenschaftsgeschichte
2. Eine externe G der W
Es gibt in der Gesellschaft Orte, an denen Wahrheit entsteht und gewisse Spielregeln festgelegt werden – Spielregeln, die best. Formen von Subjektivität, bestimmte Objektbereiche und bestimmte Arten von Wissen entstehen lassen. Daraus ergibt sich die Möglichkeit einer anderen, externen Geschichte der Wahrheit.
Die juristischen Praktiken, also die Art und Weise, wie man über Schuld und Verantwortung unter den Menschen urteilte. Praktiken, die zwar geregelt, in der Geschichte aber auch ständig abgeändert wurden, scheinen eine der Formen zu sein, in denen unsere Gesellschaft Typen von Subjektivität definiert hat, Formen von Wissen und damit auch Beziehungen zwischen dem Menschen und der Wahrheit.
Die juristischen Formen und ihre Entwicklung im Strafrecht als Ursprung einer Reihe von Wahrheitsformen. Die so genannte „Enquete“ (Untersuchung) – wie sie die Philosophen des 15. bis 18. Jh durchführten, aber auch Geographen, Botaniker, Zoologen, Ökonomen – ist eine für unsere Gesellschaften recht typische Form von Wahrheit.
Wo hatte die Enquete ihren Ursprung?
Mitten im Mittelalter erscheint die E als Form der Wahrheitssuche im Gerichtsverfahren.
Um genau zu erfahren, wer was wann unter welchen Umständen getan hat, entwickedlte das Abendland die komplexen Techniken der E, die anschließend auch in den Wissenschaften und in der phil. Reflexion eingesetzt werden konnten.
Im 19. Jh. entwickelte man auf der Basis juristischer, gerichtlicher und strafrechtlicher Probleme recht eigentümliche Untersuchungsformen: das Examen. Aus diesen Untersuchungsformen gingen Soziologie, Psychologie, Psychopathologie, Kriminologie und Psychoanalyse hervor.Diese neuen Untersuchungsformen sind in unmittelbarem Zusammenhang mit spezifischen Formen politischer und sozialer Kontrolle entstanden, die mit der Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft am Ende des 19. Jh. aufkamen.

Der Mangel des akademischen Marxismus

Versucht herauszufinden, wie die ökonomischen Lebensbedingungen ihren Ausdruck und Reflex im Bewusstsein der Menschen finden können.Unterstellt, das menschliche Subjekt, das Erkenntnissubjekt und auch die Formen der Erkenntnis seien ein für alle Mal vorgegeben, so dass die ökonomischen, sozialen und politischen Lebensbedingungen sich in diesem vorgegebenen Subjekt nur noch niederschlagen oder sich darin einprägen könnten.